Herzlich willkommen!

Hier erhalten Sie erste Einblicke in die Arbeit 
unseres anerkannt gemeinnützig tätigen Vereins Gedenkort Lindenberg e. V. 


Unsere Aktivitäten 2024


Das 4. Forum fand am 6.11.2024 von 18:00-ca. 21h im Latücht, Große Krauthöferstr. 16, 17033 Neubrandenburg, statt.
Thema in diesem Jahr war: 
 

"Staatssicherheit und Repression auf dem Neubrandenburger Lindenberg -
Erinnern & Gedenken braucht einen authentischen Ort
". 

Die Historikeri Dr. Fanny LeBonhomme (Universität Poitiers) hat in ihrem 

Gastbeitrag über die partizipative Umwidmung des Jacques-Cartier-Gefängnisses in Rennes, Frankreich berichtet, die von Bürger:innen,  zivilgesellschaftlich organisierten Akteuren und Wissenschaftler:innen vorangebracht wurde. Weitere Informationen zur Geschichtes des J.-Cartier-Gefängnisses finden sich unter: https://www.frankfallaarchive.org/prisons/jacques-cartier-prison/

Ein Artikel von  

Fanny Le Bonhomme und Gaïd Andro

über den Umwidmungsprozess ist unter 
https://journals.openedition.org/criminocorpus/14335?lang=de einzusehen. 



Vielen Dank für alle Teilnehmende und Beitragende für die gelungene Veranstatlung!

 


 Bild links: Die sogenannte Freigangstorte im Jahr 1990, die direkt neben dem Zellentrakt der UHA am Lindenberg stand. Nach der Schließung der UHA wurden diese, von oben bewachten Betonzellen zurückgebaut - heute sind sie nur anhand von historischen Fotos nachvollziehbar.
Foto: Bernd Lasdin (1990). 

Begehungen der ehemaligen MfS-Untersuchungshaftanstalt 2024 

Am 26. Juni und 1. Juli 2024 hat unser Verein eine Begehung mit geladenen Gästen - Landtagsabgeordneten, Zeitzeug:innen, Stadtvertreter:innen, Studierenden und Akteur:innen der organisierten Zivilgesellschaft - durchgeführt. Für die finanzielle Unterstützung der Begehung danken wir der Partnerschaft für Demokratie Neubrandenburg! 
Die unten stehenden Bilder bieten Einblicke in die Begehung am 1. Juli 2024.

Bilder: Verein Gedenkort Lindenberg e. V. (2024, wenn nicht anders ausgewiesen).
 

Bilder der Begehung am 01.07.2024

Zu Anfang begrüßte Prof. Dr. Kai Brauer die geladenen Gäste, Dr. Christian Halbrock erläuterte erste Besonderheiten des Bauwerks.

Zeitzeuge Thoralf Maaß zeigt die unterste Etage im Zellentrakt und informiert über die UHA-Haftbedingungen.

Kleines Treppenhaus , Zugang zur sogenannten Freiheitstorte.


Das große Treppenhaus, Verbindung vom Vernehmer- und Zellentrakt. An solchen Markierungen wie auf dem Bild weiß zu stehen, mussten die Gefangenen vor und nach dem Durchgang durch die Gittertür  während der Schlossvorgänge der Wärter stehen bleiben. 

Thoralf Maaß in seiner ehemaligen Einzelzelle, die nach 1990 modernisiert wurde: Das Fenster wurde neu eingesetzt, davor versperrten undurchsichtige Glasbausteine den Blick und der Heizkörper war hinter der doppelten Wand versteckt,  jegliche Kontaktaufnahme zu anderen Häfltingen war unmöglich.

Thoralf Maaß mit einer Angehörigen vor der ehemaligen UHA, fotografiert von Carsten Büttner.

 Die Zeitzeugin Eva-Maria Schrader im Gespräch mit Jutta Wegner, Parlamentarische Geschäftsführerin der Landtagsfraktion MV BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 

Die geladenen Gäste im Austausch miteinander nach der Begehung. Im Vordergrund: die Zeitzeugin Eva-Maria Schrader im Gespräch mit Jutta Wegner (Bündnis 90/DIE GRÜNEN).

In diesem Gebäude befindet sich die Außenstelle des Bundesarchives (Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehem. DDR (BStU). Dieses Gebäude ist in der gleichen Plattenbauweise errichtet worden wie die ehem. UHA. Im Gegensatz zur UHA steht dieses Gebäude unter Denkmalschutz.
(Foto:  Lukas Wieczorek für die RAA-Geschichtswerkstatt zeitlupe, 2022) 

Zwei Begehungen der UHA Lindenberg mit geladenen Gästen - 
Bericht des Vereins vom 12.07.2024

Mit Stadtverordneten und an der Aufarbeitung von Stasi-Unrecht Interessierten wurden am 26.6. und 01.07.2024 zwei Innenbegehungen der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt (UHA) des MfS auf dem Lindenberg mit großem Interesse durchgeführt. Vorher hatte die Abteilung Kultur der Stadt Neubrandenburg am 11.06.2024 eine Außenbegehung auf dem benachbarten, brachliegenden Gelände umgesetzt und über ihre Vorstellungen zum Gedenkvorhaben berichtet. Dabei blieb das Gebäude an das erinnert werden soll, also die Stasi-UHA selber, außen vor. Die naheliegende und notwendige Innenbegehungen wurden vom Verein Gedenkort Lindenberg e.V. und Hochschullehren den des Fachbereichs Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung der Hochschule Neubrandenburg organsiert und für zweimal 20 Personen geboten.

Unter diesen waren vorrangig Dozierende, Ratsfrauen und Ratsherren der Stadtverordnetenversammlung Neubrandenburg sowie Aktive von Vereinen und Erinnerungsinitiativen. Dank der Förderung der Partnerschaft für Demokratie Neubrandenburg konnten Fachkundige gewonnen werden, die zu den Gegebenheiten vor 1990 berichteten. Darunter war die Zeitzeugin Eva-Maria Schrader, der Historiker Dr. Christian Halbrock und nicht zuletzt der Vereinsvorsitzende des Gedenkort Lindenberg e.V. und Zeitzeuge Thoralf Maaß, der durch das Haus führte. 

Nach einer Einführung in den Kontext in der neuen „Schleuse“ startete die Begehung in der ehemaligen, alten „Tiefgarage“ unter dem Zellentrakt. Wie in allen Stasi-UHAs, wurden hier aus den unauffälligen Barkas Gefangenentransporter mit Kofferaufsatz und fünf Zellen im Innern (GTW) die Menschen „zugeführt“, wobei sie nicht wissen sollten wo sie waren und was mit ihnen geschehen wird. Deshalb waren in diesen GTW keine Fenster in den einzelnen, sehr kleinen Zellen vorhanden. Sie waren kaum größer als der in ihnen eingebaute und am Boden verschraubte Stuhl. 

Danach wurde der Weg bis in die Zellen gezeigt, über die täglichen Abläufe und das nächtliche Vorgehen berichtet. Im Gegensatz zur sowjetischen Praxis wurden hier zwar keine Nachtverhöre durchgeführt. Dafür gab es „Sicherheitsmaßnahmen“ (6-8 min. lautstarke Kontrollen, Licht an. Licht aus), die dauerhaften Schlafentzug während der Haft zur Folge hatten. Den letzten Teil der Begehungen nahm das große Vernehmungsgebäude ein, in dem die Verhöre stattfanden, denen alle noch nicht Abgeurteilten täglich, vor- und nachmittags, von Montag bis Samstagmittag, ausgesetzt waren. 

Am Platz der sogenannten „Freigangstorte“ wurden Bilder davon gezeigt. Es wurde beklagt, dass durch ihren Abriss ein markantes Zeichen der Unterdrückung vernichtet wurde. Dies wurde auch zu den fehlenden Glasbausteinfenstern gesagt, die jede Sicht nach Außen versperrten und eine ungenügende Lüftung zur Folge hatten. Ebenfalls wurden nach 1990 in die meisten Zellen Schamwände eingebaut um den Bereich des Waschbeckens und der Toilette vom übrigen Zellenbereich zu trennen. Vorher war das nicht der Fall damit das Wachpersonal die gesamte Zelle problemlos von außen einsehen konnte.

Für die Besuchenden war aber vor Allem die schiere Größe des Gebäudes überraschend. Der Eindruck der nicht enden wollenden Zellentüren ist umso bedrückender, da die Anlage für eine MfS Bezirksverwaltung (von 15 in der DDR), gebaut wurde – für einen Bezirks mit grade 600.000 Einwohnenden. Interessant waren auch die vielen Details, die noch heute den Atem der Staatssicherheit spüren ließen. Dazu gehören die Markierungen auf den Böden im Treppenhaus, die originalen Stahlgitter auf den Fluren und die massive Holzzellentüren, die weitgehend im Original erhalten sind sowie Überbleibsel der Flurampeln, die eine Begegnung der Delinquenten auf dem Flur ausschließen sollte und Überwachungsapparaturen. Frappant auch: Es dürfte sich um den einzigen Plattenbau dieses Typs handeln, der vollkommen schalldicht ist. 

Nach bewegenden Schilderungen durch die Zeitzeugen fand eine abschließende Diskussionsrunde bei der Stasi-Unterlagenbehörde (Bundesarchiv) statt. Während Fragen zur Geschichte und Details nachgefragt werden sollten, wurden auch Themen der Demokratiepädagogik behandelt. Die Meisten der Besuchenden waren das erste Mal hier vor Ort. Einige bemerkten, dass sie bis zu der Einladung noch nie etwas über den Bau gehört oder gesehen hatten. Auch Sachkundige aus dem Bereich Aufarbeitung hatten noch nie die Chance das Gebäude von Innen zu sehen. Die meisten äußerten Ihre Verwunderung darüber, dass das Gebäude nicht für Schulklassen, Auszubildende und Studierende regelmäßig offenstehen würden. Warum extra Exkursionen nach Schwerin, Rostock oder Neustrelitz bzw. Berlin organisiert werden würden und warum über die hiesige Anlage, die offensichtlich einige diskussionsanregende Besonderheiten aufweist die von Zeitzeuginnen gut erklärt werden können, nicht zugängig ist. 

Bei beiden Reflexionsrunden wurden Forderungen laut, solche wissenswerten Begehungen regelmäßig anzubieten, zumindest solange ein Abriss oder Verkauf dem ein Ende setzen würde. Jugendliche sollten den Ort selber erleben und kennenlernen, Schulklassen und Studierendengruppen, Klient:innen der politischen Bildung und Demokratiepädagogik könnten mit relativ geringem Aufwand Führungen von Zeitzeug:innen miterleben. Die Fachkundigen aus den anderen Bundesländern waren verwundert darüber, dass die Stadtverwaltung Neubrandenburg das hohe Potential des historisch bedeutsamen und einzigartigen Bauwerks und der damit verbundenen Geschichten bislang noch nicht erkannt hätten. 

Aktive des Gedenkortes Lindenberg wiesen auf die Komplexität der Eigentumslage hin und betonten die Dringlichkeit der Organisation von weiteren Begehungen und Veranstaltungen zum Thema. Bevor es zu einer Ausschreibung von Gedenkkonzepten käme, sollten realistische Nutzungskonzepte des beeindruckenden Bauwerks eruiert werden. Dazu müssten Zeitzeug:innenprojekte und Aufarbeitungsinitativen bei der Rahmensetzung der Ausschreibung einbezogen werden und genügend Wissen über den Zustand des Gebäudes vorliegen.